Die Reise zur großen amerikanischen Sonnenfinsternis

Sonnenfinsternisse sind überwältigende astronomische Phänomene, totale sind sie nur wenn der Mond die gesamte Sonnenscheibe bedeckt. Dann leuchten plötzlich Protuberanzen und der Strahlenkranz der Sonnenkorona auf. Diese prachtvollen Erscheinungen sind leider auf wenige Minuten beschränkt.
Vollständige Verfinsterungen der Sonne finden etwa alle ein bis zwei Jahre statt. Die Totalitätszone ist dabei nur ein schmaler Streifen der sich irgendwo über die Erdoberfläche zieht.  Denn ihr Verlauf ist empfindlich von Sonnen-, Mond- und Erdposition abhängig, kann jedoch jeweils sehr genau berechnet werden. Finsternis-Beobachter sind daher meistens Weltreisende.
Einige Details finden sich im Artikel „Das Schauspiel Sonnenfinsternis“ ebenfalls hier in der Wissenschaftsecke:  www.kordon.wien/wissenschaftsecke.html
Am 21. August 2017 war nun der nordamerikanische Kontinent Schauplatz einer totalen Sonnenfinsternis.

Der Verlauf der Totalitätszone

Also eine Reise in die neue Welt!

Für mich bot sich die Gelegenheit es mit einem Besuch eines Freundes aus Jugendtagen im kanadischen Edmonton zu verbinden *). „Expeditionsteilnehmer“ waren Margaret & Michel Dolezal aus Edmonton und Charlotte & Karl Melber vom Wiener Kordon.
Doch wo beobachten? Für den Erfolg einer Sonnenfinsternis-Weltreise ist ein klarer Himmel in den entscheidenden Minuten der Totalität nötig. Daneben sind weitere Kriterien zu berücksichtigen: Erreichbarkeit, Infrastruktur, Kosten. Daraus ergibt sich eine Grobplanung für den Beobachtungsort. Die geringste Wolkenwahrscheinlichkeit war für den abgelegene Ort Madras im westlichen Oregon vorhergesagt. Das wussten auch Andere, denn sämtliche Quartiere waren dort seit Jahresfrist ausgebucht. Erreichbar? Es sind also bereits Tausende dort und Hunderttausende wollen mit ihren Autos in den letzten Stunden auch noch dieses Ziel erreichen. Verkehrsstau, heiße Fahrzeuge die in dieser trockenen Gegend Steppenbrände verursachen, die Behörden rufen den Notfall aus, eine Horrorvorstellung.
Am Tag davor entscheiden wir dann auf Grund der aktuellen Wetterprognose. Diese ist günstig. Um 4:00 Uhr früh fahren wir von Portland los, vermeiden Madras und erreichen das verkehrstechnisch gut gelegene Mill City südlich von Portland. Ein Souvenirgeschäft hat sich auf das Ereignis vorbereitet und bietet seinen Parkplatz und seine Infrastruktur an. Hier bleiben wir und treffen auf einen Reisebus mit Amateurastronomen aus Deutschland. Der Himmel ist klar, das Schauspiel kann beginnen. Als Aufnahmegerät dient mir eine kompakte Reisekamera mit 30 fach Zoom. Eine Filterfolie reduziert das Sonnenlicht und erlaubt eine Aufnahmereihe der partiellen Phase. Die Spannung steigt…
10 Uhr18 - ganz plötzlich wird es dunkel, die Sonne verschwindet mitten am Himmel. Eine Mischung aus Erschaudern und Verzücken befällt die Augenzeugen, Laute der Ergriffenheit branden auf. Die Gänsehaut kribbelt mir den Rücken hoch, nicht wegen der Kälte. Diese Auslöschung der Sonne erschüttert auch mich.
Jetzt wird‘s hektisch, schnell die Folie entfernt und die Aufnahmereihe für Protuberanzen und Korona gestartet. Dann Schluss mit der Technik, nur 2 Minuten Zeit!
Zu rasch aus und vorbei, der Mond gibt wieder die ersten Sonnenstrahlen frei. Wir packen in Eile alles zusammen, fahren los, in der Hoffnung der nun abströmenden Blechlawine zu entgehen. Erneut haben wir Glück.
Wieder zu Hause ist Zeit und Muße die Bilder- und Erlebnisflut aufzuarbeiten.

Der Beobachtungsort
Partielle Phase mit Sonnenflecken
Totalität! Die Sonnenkorona wird sichtbar
Überlagerung von Koronaaufnahmen, Magnetfelder werden sichtbar

Auf YouTube ( https://www.youtube.com/watch?v=1kiQ1tKJAXI ) findet sich das zugehörige kurze Video zum Ablauf der Sonnenfinsternis.

*) Die Sonnenfinsternis war nur eine Zwischenstation auf einer längeren Tour durch Städte und Landschaften. In Kanada: Edmonton, die Nationalparks Jasper und Banff, Kelowna, Vancouver. In USA: Seattle, Portland, Oregon, Idaho, Yellowstone Nationalpark, quer durch Wyoming, New York. Dazu noch einige persönliche Bemerkungen. Der Waldzustand ist vielerorts ein trauriger: oft über hunderte Quadratkilometer schwarze Stümpfe nach Waldbränden oder braune Nadeln durch Käferbefall. Die Menschen habe ich als sehr freundlich und hilfsbereit empfunden, nichts von Waffen oder von Trump bemerkt.

Text und Fotos: Karl Melber

Weitere Informationen:

Letzte Änderung: 19.03.2024 08:41

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